Wie wahrscheinlich jeder andere auch, so war und
bin auch ich immer wieder darum bemüht, meine gesammelten
Erfahrungen auch in zukünftige Projekte wieder mit
einzubringen.
Doch obwohl ich in meinen freiberuflichen Tätigkeiten
vornehmlich mit der Oracle-Datenbank gearbeitet hatte und ich
durchaus einen sehr guten Eindruck von deren
Leistungsfähigkeit und Stabilität gewonnen hatte, kam
selbige aus finanziellen Erwägungen für meine eigenen
Projekte nicht in Frage.
So war ich gezwungen, mich nach kostengünstigen Alternativen,
das heißt: nach einem "echten" relationalen
Datenbankmanagementsystem mit relativ geringen Lizenzkosten,
umzusehen.
Schließlich fiel meine Wahl auf die
Interbase-Datenbank, eine Datenbank mit »
Geschichte und
»Geschichtchen,
welche zum damaligen Zeitpunkt bereits im Besitz von
»Borland
—welches damals allerdings noch Inprise
hieß— war. Trotz des recht geringen Preises erwies
sich diese Datenbank als stabil, performant und
zuverlässig.
Es schien. als hätte ich mit dieser Wahl einen echten
Glückstreffer gelandet, was mich angesichts der Bedeutung,
welcher der Auswahl der richtigen (bzw. eben falschen) Datenbank
für eine Anwendung zukommt, sehr froh stimmte.
Umso schockierter war ich, als ich gegen Ende des
Jahres 1999 erfuhr, daß Borland plante, die Datenbank
aufzugeben. Ähnlich wie ich waren aber auch noch viele andere,
die ihre gesamte Arbeit auf diese Datenbank aufsetzten, von diesen
Plänen entsetzt. Es bildete sich umgehend eine
Interessensgemeinschaft, welche mit ihrem Einfluß und unter
dem Eindruck des Erfolges von Linux und anderen
Open-Source-Projekten die Firma Borland dazu bewegen sollte, die
aufgegebene Datenbank der Open-Source-Gemeinde zur Verfügung
stellten.
Tatsächlich wurde der Quelltext von
Interbase 6 als Open-Source zur Verfügung gestellt, doch bald
darauf —die Open-Source-Euphorie war gerade mächtig am
Abklingen— überlegte es sich Borland wieder anders, und
beschloß, sich wieder mehr auf den kommerziellen Aspekt von
Interbase zu konzentrieren.
Dies führte zu einem "Forking" des
Open-Source-Trees: Es bildete sich auf der Basis des
veröffentlichten Quelltextes der Version 6 ein eigener
Entwicklungspfad der Open-Source- Community: die
Firebird-Datenbank. Firebird Version 1.0 ist somit ein echter und
direkter Open- Source-Nachfolger von Interbase Version 6.
Mittlerweile sind die ersten Beta-Versionen von
Firebird Version 1.5, die eine grundlegende Überarbeitung der
Codebasis (inkl. Umstellung von C auf C++) beinhaltet,
erhältlich und die Planungen für Firebird Version 2 sind
in Arbeit. Borland hat währenddessen nach Interbase Version
6.5 die Interbase Version 7 herausgebracht und vertreibt diese
kommerziell.
Warum, so werden Sie sich vielleicht jetzt
fragen, habe ich mich denn für den "Firebird"-Zweig und nicht
für den "Interbase"-Zweig entschieden?
Nun, die Ereignisse Ende 1999 haben mir sehr
deutlich aufgezeigt, welche drastischen Nachteile
Herstellerabhängigkeit haben kann.
Wer einmal so bedingungslos von den Launen einer Firma
abhängig war, möchte dies nicht unbedingt ein zweites mal
erleben.
Dagegen steht mit Firebird ebenfalls eine Datenbank von
kommerzieller Qualität zur Verfügung, die von einer einer
äußerst aktiven freien Entwicklergemeinde
unterstützt und weitergepflegt wird —und darüber
hinaus keine Lizenzkosten mehr nach sich zieht.
Meine Entscheidung für Firebird möchte
ich im Übrigen nicht als eine Abwertung des Interbase- Zweiges
verstanden wissen. Sicherlich wird Borland das Seine tun, um trotz
des aus ihrem eigenen Stamm entsprungenen Open-Source-Mitbewerbs
ein konkurrenzfähiges kommerzielles Gegenstück anbieten
zu können.
Insofern halte ich es für ebenso falsch wie
unnötig, Interbase von nun an nur noch den Rücken
zuwenden zu wollen.
Die beiden Datenbanken sind sich schließlich
sehr ähnlich, da sie von einer gemeinsamen Codebasis abstammen
und die Firebird-Entwickler sind auch weiterhin daran interessiert,
eine möglichst große Kompatibilität der beiden
Datenbank zumindest bei der funktionalen Schnittstelle
beizubehalten.
Einige Neuerungen in der Version 1.5 sind bezeichnend für das
Interesse der Firebird- Entwickler an einer friedlichen Koexistenz
beider Produkte: So soll es ab der Version 1.5 möglich sein,
beide Datenbankserver gleichzeitig installiert zu haben, ohne
daß es deswegen zu Konflikten kommt.
Ebenso vielsagend ist, daß sich die Community der
Firebird-Anwender mit der der Interbase- Anwender deutlich
überdeckt, da viele, die sich für den Firebird-Zweig
entschieden haben, noch gleichzeitig alte Interbase-Installationen
am Laufen haben. Die Mailing-Listen der Community bieten daher
für beide Datenbanken ihre Unterstützung an.
Doch trotz des Bestrebens nach Harmonie und
Kompatibilität seitens der Open-Source- Community wird die
parallele Fortführung der beiden Entwicklungszweige
völlig unabhängig voneinander im Laufe der Zeit nahezu
zwangsläufig zu gewissen funktionalen Unterschieden
führen....
...aber wenn man seine eigene Applikation so
auslegt, daß sie nicht unbedingt auf die speziellen Features
einer der beiden Datenbanken angewiesen ist, dann ist man in der
angenehmen Lage, von den Entwicklungen in beiden Welten profitieren
zu können.
Mit dem Erscheinen der Version 2.1.1
demonstrieren die Entwickler eindrucksvoll ihr kontinuierlich hohes
Engagement für eine konsequente und beständige
Weiterentwicklung von Firebird hin zu einer ebenso schnellen wie
robusten Datenbank, welche auf sich möglichst konform zum
SQL2003- verhalten soll. Diesem hehren Ziel ist man mit der
Freigabe der stabilen Version 2.1.1 wieder ein großes
Stück näher gekommen.